In diesem Beitrag tauchen wir tiefer in das Thema Energiemarkt ein. Wir beleuchten welche entscheidende Rolle die Flexibilitätsvermarktung bei der Bewältigung dieser Herausforderung spielt und wie Elektro-Fahrer:innen von der Vermarktung ihrer Ladeflexibilität profitieren können.
Was bedeutet Flexibilität?
Flexibilität ist ein zentraler Baustein für ein günstiges und robustes Stromsystem. Sie ermöglicht es Stromverbrauch und -erzeugung zeitlich zu verschieben sowie Energie zu diesem Zweck zwischenzuspeichern. Flexibilität kann so unnötigen Netzausbau oder gar die Abschaltung von erneuerbaren Energien vermeiden und macht ein Stromsystem ohne fossile Kraftwerke erst möglich.
Welche Rolle spielen hier Elektroautos?
Denn mit dem Umstieg auf die E-Mobilität wird auch der Strombedarf steigen. Verträgt unser Netz wirklich Millionen von ihnen?
Das Laden und zukünftig auch Entladen der Batterien von Elektroautos bietet Flexibilität, die für eine erfolgreiche Energiewende entscheidend ist – wir müssen sie nur nutzen. Mit ca. 23 Stunden stehen Autos die meiste Zeit des Tages. Elektroautos brauchen nur einen Bruchteil dieser Standzeit, um ihre Batterien zu beladen. Wir könnten somit den Ladevorgang in Zeiten „schieben“, in denen es ausreichend Strom aus erneuerbarer Erzeugung gibt und das Stromnetz nicht ausgelastet ist.
Elektroautos treiben also nicht etwa den Bedarf für Netzausbau, sondern leisten einen wichtigen Beitrag diesen zu vermeiden. Sie ermöglichen regionale erneuerbare Energiequellen effektiv mit der lokalen Stromnachfrage zusammenzubringen.
Macht mein Beitrag nun wirklich einen Unterschied?
Können Elektroautobesitzer:innen tatsächlich dazu beitragen, die Flexibilität im Stromsystem zu erhöhen?
Bereits heute haben die 1 Million Elektroautos auf unseren Straßen eine größere Speicherkapazität als alle deutschen Pumpspeicherkraftwerke zusammen. Die Bundesregierung plant außerdem, bis 2030 eine Gesamtzahl von 15 Millionen vollelektrische Autos in den Verkehr zu bringen. 2030 haben wir mit 750 Millionen kWh (GWh) also mehr als das 15-Fache an Speicherkapazität.
Bis 2030 sollen darüber hinaus 80 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Energien kommen. Dafür benötigen wir Speichermöglichkeiten, um überschüssige Energie für Zeiten mit geringer Erzeugung zu sichern. Der Bedarf wird auf ca. 100 Gigawattstunden (GWh) geschätzt. Theoretisch reichen uns 2030 also 10 bis 15 Prozent der E-Auto-Batterien, um diesen Bedarf zu decken.
Das bedeutet: Die Batterien aller E-Fahrzeuge, die ungenutzt stehen, sind für die notwendige Kurzzeitspeicherung von erneuerbarer Energie von großer Bedeutung.
Wie lässt sich durch den Handel mit Flexibilität Geld verdienen?
Am Energiemarkt ergibt sich durch Angebot und Nachfrage für jede Viertelstunde ein Preis für Strom. Dieser ändert sich durch Prognoseanpassungen stetig, sei es durch neue Wetterbedingungen oder durch Events wie Kraftwerksausfälle. Indem wir die Ladeflexibilität der E-Autos kontinuierlich im Markt anbieten und Ladevorgänge immer dynamisch verschieben können, profitieren wir vom Preisunterschied zwischen einzelnen ¼-h. Wir passen Stromverbrauch und -erzeugung an das Preissignal an und können so günstiger einkaufen oder teurer verkaufen.
Was wird von mir benötigt, um meine Ladeflexibilität zu vermarken?
Um am Energiehandel teilnehmen können, bedarf es einen gewissen Handlungsspielraum beim Laden deines Elektroautos. Das heißt: Du steckst dein E-Auto an die Ladestation. Das Auto teilt uns dies gemeinsam mit dem aktuellen Ladefüllstand mit. Über Dienste, wie etwa unsere eyond App kannst du nun ein Ladeprofil hinterlegen, wobei du uns Zielladezustand und den Abfahrtszeitpunkt mitteilst. Keine Angst wir gehen nicht „all in“. Du kannst stets einen Mindest-Ladezustand definieren.
Nehmen wir an, dein E-Auto wird am Vortag um 19 Uhr mit einem Ladezustand von 40% angesteckt und soll gegen 7 Uhr morgens zu 100% geladen sein. Wir haben nun also 12 Stunden Zeit, um von 40 auf 100% zu Laden. Wenn wir für diesen Ladevorgang eigentlich nur 3 Stunden benötigen, haben wir 9 Stunden Flexibilität übrig. Mit dieser Flexibilität können wir an der Strombörse handeln und Gewinne erzielen, die wir an unsere Kund:innen weitergeben.
Unsere eyond App zur Flexibilitätsvermarktung
Erfahre mehrSo viel zur Theorie, kannst du uns ein Praxisbeispiel nennen?
Klar, schauen wir uns diese Alltagssituation an: Eine stürmische Nacht bis in den Morgen hinein wird vorhergesagt. Nachts produzieren die Windräder Strom auf Hochtouren. Allerdings ist die Nachfrage zu dieser Zeit gering, da die meisten Menschen im Tiefschlaf schlummern. Das heißt: Viel Stromangebot trifft auf eine geringe Nachfrage. Günstige Preise sind die Folge. Angenommen, der Wind bläst am frühen Morgen dann weit weniger stark als prognostiziert. Die Akteure, die ihren Windstrom bereits verkauft haben, müssen jetzt welchen zurückkaufen, was die Preise hochtreiben kann. Wir machen uns diese dynamischen Preisunterschiede für unsere Kund:innen zu Nutze.
Ab hier übernehmen unserer intelligenten Algorithmen:
Diese überwachen in
Echtzeit die Situation am Energiemarkt und können innerhalb von
Sekundenbruchteilen auf Änderungen reagieren. Im eben genannten Praxisbeispiel
würden wir vermutlich Ladevorgänge, die noch Flexibilität bieten,
beispielweise wenn noch 2h bis zur Abfahrtszeit am Morgen verbleiben,
unterbrechen und den bereits gekauften Strom wieder verkaufen. Denn in dem
Moment fehlt dem Energiesystem die prognostizierte Energie aus der Windkraft.
Wir füllen diese Lücke, wirken Preisextremen entgegen, stabilisieren das
Stromnetz und verdienen damit Geld. Denn den Strom, den wir vorher zu einem
günstigen Preis eingekauft haben, verkaufen wir in der nun veränderten
Situation zu einem höheren Preis.
Gibt es technische Voraussetzungen, um Flexibilität im Stromsystem anzubieten?
Ja, ein Schlüsselelement ist der Smart Meter, ein intelligentes Messsystem mit Kommunikationseinheit zur Datenübertragung, dem sogenannten Smart Meter Gateway. Dieser misst den Stromverbrauch in Viertelstundenauflösung. Nur so können wir dir die erzielten Erlöse auch korrekt abrechnen und gutschreiben. Dies erfordert die flächendeckende Ablösung der alten Drehstromzähler.
Welche Entwicklungen sind künftig zu erwarten?
Es ist absehbar, dass der Anteil erneuerbarer Energiesysteme steigen wird. Gleichzeitig gehen fossile Kraftwerke vom Markt. Dies führt zu stärkeren Schwankungen des Stromangebots in unserem Energiesystem und somit zu einem erhöhten Bedarf an Energiespeichern. Wie beschrieben, können E-Autos ein elementarer Teil dieser Lösung sein. Zentrale Aufgabe wird es folglich sein, vermehrt Anreize für Verbraucher:innen zu schaffen, um das Potenzial der E-Autos als wichtige Flexibilität zu nutzen. Drüber hinaus kann Flexibilitätsvermarktung helfen, Elektroautofahren aber auch den Betrieb von Ladestationen wirtschaftlicher und effizienter zu gestalten.
Video-Tipp: Einfach erklärt, wie du durch flexibles Laden Kosten sparst
Das Potential der Verbindung des Verkehrs- und Energiesektors ist riesig. Die Technologien sind vorhanden, die Ideen sind reif und die Notwendigkeit ist unbestreitbar.
Lasst uns gemeinsam durchstarten.