Das bedeutet, dass zu Zeiten hoher Netzlasten – zumeist am Abend sowie am Morgen – der Strombezug der Wallbox kurzzeitig in der Leistung verringert oder vorübergehend pausiert wird. Dies sichert die Stabilität des Stromnetzes und vermeidet einen kostspieligen Netzausbau. Welche Möglichkeiten der netzdienlichen Steuerung es aktuell gibt und was bei der Umsetzung zu beachten ist, erfahren Sie im Folgenden.
Eigener Netzanschluss als Voraussetzung
Die meisten Netzbetreiber empfehlen, Ladestationen generell über einen eigenen Netzanschluss und einen gesonderten Zähler zu installieren. Kund:innen entscheiden aber freiwillig von sich aus, ob sie sich zusätzlich nach den Vorgaben des §14a EnWG netzdienlich steuern lassen wollen. Damit eine Wallbox und somit der Ladevorgang durch den Netzbetreiber gesteuert werden kann, ist ein eigener Netzanschluss unabdingbar. Im Gegenzug können E-Fahrer:innen von innovativen Ladekonzepten und deutlichen Einsparungen profitieren, zum Beispiel das Elektroauto künftig auch als Stromspeicher zu nutzen – dazu später mehr. Außerdem ermöglicht ein eigener Netzanschluss schon heute die Nutzung von speziellen Autostromtarifen, welche einige Stromlieferanten im Angebot haben. Die Ersparnis liegt je nach Fahrleistung und Stromanbieter zum Teil deutlich höher als 100 Euro im Jahr.
Steuerung der Ladevorgänge – unterschiedliche Modelle
Die analoge Technologie ist seit Jahrzehnten im Einsatz, etwa bei der Ansteuerung von Nachtspeicherheizungen. Der dafür notwendige zweite Zähler sowie die Empfängereinheit verursachen in der Regel zwar Kosten in Höhe von etwa 40 Euro im Jahr. Diese gleichen sich allerdings durch die Einsparungen dank günstigerer Tarife mehrfach wieder aus. Vom Prinzip her ist die Rundsteuertechnik eine Art Fernsteuerung des Netzbetreibers: Die Steuersignale werden von zentralen Rundsteuersendern über das Stromnetz an die dezentralen Rundsteuerempfänger übermittelt.
Ausnahmen hiervon gibt es nur vereinzelt: Stromnetz Hamburg etwa verlangt für die Steuerung von privaten Wallboxen nach einer digitalen OCPP-Schnittstelle (bzw. Open-ADR für Lade- und Energiemanagementsysteme, wie es The Mobility House über sein intelligentes Lade- und Energiemanagement ChargePilot® anbietet), welche per Mobilfunknetz angebunden ist. Bei Bedarf, etwa schlechtem Empfang in einer Tiefgarage, stellt Stromnetz Hamburg kostenfrei eine Außenantenne zur Verfügung. Westnetz wiederum ermöglicht neben der Rundsteuerung auch die Nutzung einer (verplombten) Zeitschaltuhr, die zu festen Tageszeiten den Stromfluss der Ladeeinrichtung für einige Stunden unterbricht.
Bei manchen Netzbetreibern, etwa Netze BW (Netzbetreiber der EnBW), ist auch im Rahmen der Rundsteuerung ein fester Fahrplan hinterlegt, der den Strombezug zwar nicht komplett kappt, aber in der Leistung drosselt: Zu bestimmten Zeiten, aktuell jeden Abend zwischen 19 und 23 Uhr, gibt der Netzbetreiber ein Rundsteuersignal zur Senkung der Ladeleistung auf 8 Ampere pro Phase aus. Bei einem 3-phasig ladenden Elektroauto entspricht das in der Zeit der Reduzierung einer maximalen Ladeleistung von immerhin noch 5,5 kW, womit sich selbst ein komplett leerer Akku mit beispielsweise 60 kWh über Nacht vollständig aufladen ließe.
Den Fahrplan und die Reduzierung hat Netze BW aufgrund der Erkenntnisse aus verschiedenen realen Projekten (den „Netzlaboren“) gewählt. Die meisten Ladevorgänge finden demnach in den Abendstunden zwischen 19 und 23 Uhr statt. Deshalb ist es für die Stabilität es Netzes hilfreich, wenn die Ladeleistungen zuverlässig und planbar reduziert werden können. In seinen Netzlaboren hat der Stromversorger laut eigener Aussage festgestellt, dass diese Reduzierung für die E-Autofahrer:innen kaum Einschränkungen verursacht: Da im Schnitt pro Ladevorgang etwa 20 kWh – und die nichtmal täglich - benötigt werden, reicht sogar die auf 5,5 kW gedrosselte Ladeleistung, um diese Energie in vier Stunden vollständig nachzuladen.
Da jeder der gut 800 Netzbetreiber in Deutschland seine eigene Vorgehensweise bei der Steuerung von Ladevorgängen verfolgt, stellen sich Elektriker:innen oft die Frage, wie der Anschluss bei den Kund:innen im jeweiligen Einzelfall korrekt auszuführen ist:
Der Großteil der Netzbetreiber setzt wie eingangs erwähnt auf Rundsteuerempfänger. In der Regel ist es so, dass der Netzbetreiber selbst das Rundsteuerrelais anliefert und oft sogar einbaut (und verplombt). Bei Unklarheiten und Fragen ist der Ansprechpartner für den Elektriker:innen stets der jeweilige Netzbetreiber, bzw. dienen für erste Infos auch die Technischen Anschlussbedingungen (TAB), welche die meisten Unternehmen auf ihren Websites zur Verfügung stellen. |
Steuerung via einem Rundsteuerempfänger kurz erklärt
In der Praxis funktioniert die direkte Steuerung einer Ladestation per Rundsteuerempfänger folgendermaßen: Der Empfänger, ein Relais im Schaltschrank, registriert den vom Netzbetreiber ausgesendeten Impuls, vom Prinzip her mit „Signal an“ oder „Signal aus“. Dieses Signal kann von der Wallbox meist über einen potentialfreien Kontakt verarbeitet werden. Somit weiß die Wallbox, ob sie gerade die volle Leistung zur Verfügung stellen darf oder eben nur die reduzierte. Sollte die Wallbox nicht über einen potentialfreien Kontakt verfügen, muss sie indirekt angesteuert werden, z.B. über ein Leistungsschütz. Hier kann in den Zeiten der Reduzierung nicht auf 5,5 kW gedrosselt werden, sondern die Wallbox wird vom Netz getrennt und das E-Auto kann in der Zeit nicht laden. Eine weitere Möglichkeit ist zum Beispiel die Ansteuerung über ChargePilot® durch das Zusatzmodul ‚Netzdienliches Laden‘. Das Modul ermöglicht die intelligente Steuerung mehrerer Ladestationen durch den Netzbetreiber. Dabei übersetzt das System das Signal des Rundsteuerempfängers in OCPP und gewährleistet so die Steuerung.
Das gesteuerte Laden ist erst der Anfang
Aktuell erproben mehrere Netzbetreiber, Ladestationsanbieter und Autohersteller auch innovativere Strategien, wie etwa digitale Stromzähler und zusätzliche Steuerboxen, und untersuchen gleichzeitig, wie sich etwa Photovoltaikanlagen effizient im Gesamtsystem einbinden lassen.
Der Frage, wie man E-Mobilität, Netzsteuerung und Ladeverhalten ideal zusammenbringt, widmet sich zum Beispiel Bayernwerk Netz in Zusammenarbeit mit dem Autohersteller AUDI, aber auch mit The Mobility House. Bei einem Projekt von EnBW in Künzelsau steht vor allem die Steuerung von Ladeeinrichtungen mit EEBUS als digitaler Schnittstelle im Fokus. Die Kommunikationsschnittstelle EEBUS, die für das Energiemanagement im so genannten Internet of Things angewandt wird, ermöglicht eine stufenlose Steuerung der Ladeleistung sowie eine bidirektionale Kommunikation zur Ladestation. Ein ähnliches Projekt, das ebenfalls das Potenzial von Vehicle-To-Grid (=V2G) untersucht, hat vor Kurzem der Autohersteller BMW gemeinsam mit ca. 20 Elektroautos und mehreren Partner:innen aus der Energiewelt gestartet.
Auch The Mobility House arbeitet schon seit Jahren darauf hin, die Mobilitäts- und Energiewelt nachhaltig und intelligent miteinander zu verknüpfen. In mehreren Pilotprojekten wurde bewiesen, dass dies technisch möglich ist, dass sich die Nutzung erneuerbarer Energien im Netz damit erhöhen lässt und dass E-Fahrer:innen hohe Erlöse erzielen können, wenn sie künftig einen kleinen Teil der Energie aus ihren E-Auto-Akkus für netzdienliche Anwendungen zu Verfügung stellen. In einem Pilotprojekt hat ein Nissan Leaf auf diese Weise in einer Woche 20 Euro „verdient“ – aufs Jahr gerechnet kommen so gut 1000 Euro zusammen.