Als erfahrener Experte im Bereich für intelligente Lade- und Energielösungen hat es sich The Mobility House zum Ziel gesetzt, die weitverbreiteten Märchen rund um das Thema Elektromobilität einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und in Frage zu stellen. In Märchen Nummer eins dreht sich alles um die Reichweite von Elektrofahrzeugen.
Eine Übersicht aller Märchen ist hier zu finden.
Es war einmal... ein Elektroauto mit geringer Reichweite!
Die Freunde im anderen Landesteil, die Eltern in der Heimat, der Urlaub im Ausland: Manchmal muss man richtig Kilometer abspulen, um ans Ziel zu gelangen. Seitdem mehrere Anbieter wie Ionity, Innogy, EnBW, Fastned oder Tesla mit seinem Supercharger-Netzwerk unzählige attraktive Schnelllade-Standorte entlang der Autobahnen und Schnellstraßen aufgebaut haben, sind Langstrecken mit dem Elektroauto kein Problem mehr.
Heutige E-Auto Modelle lassen Reichweitenangst hinter sich
Die üblichen täglichen Strecken schaffen Elektroautos ohnehin spielend: Selbst der kleine smart EQ schafft mehr als 130 Kilometer, bevor er wieder an die Steckdose muss. Andere Elektro-Kleinwagen wie das annähernd baugleiche VW-Konzern-Trio VW e-up!, Seat Mii electric und Skoda Citigo-e kommen auf 260 Kilometer. Kompaktklasse-Modelle wie die beliebten BMW i3, Nissan Leaf und Renault Zoe oder die Neuerscheinungen Opel Corsa-e, Peugeot e-208 und der VW ID.3 kommen mit einer Akkuladung gut 300 bis 400 Kilometer weit. Für Limousinen und SUV ab Mittelklasse aufwärts sind 400 bis 500 Kilometer die Regel.
Seit September 2017 werden derartige Reichweiten über das WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure) Messverfahren ausgewiesen und der 1992 eingeführte Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) wurde abgelöst. Ziel der Umstellung war es, eine realitätsnähere Messung zu erreichen. Inwieweit dies gelungen ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Denn wie auch bei Verbrennerautos spielen neben dem individuellen Fahrverhalten Faktoren wie Witterungsbedingung, Außentemperatur oder die Topografie eine Rolle und beeinflussen die Reichweite. Gerade in kälteren Jahreszeiten sollten Elektroautofahrer:innen daher Einbuße in Bezug auf das Durchhaltevermögen der Batterie antizipieren. Diese liegt ca. zwischen 10 und 30 Prozent.
Pendler fahren durchschnittlich weniger als 50 km am Tag
Unabhängig davon lässt sich jedoch resümieren, dass Elektroautos über absolut alltagstaugliche Reichweiten verfügen, vergleicht man sie mit dem Fahrprofil eines deutschen Durchschnittsautos: Im Mittel legt ein klassischer Pendler-Pkw jeden Tag bei zwei Fahrten 30 Kilometer zurück. Nahezu zwei Drittel (64 Prozent) der Pkw-Fahrten im Alltagsverkehr sind sogar kürzer als zehn Kilometer, 95 Prozent kürzer als 50 Kilometer. Das ist auch für den smart EQ kein Problem, selbst wenn man für die kalten Wintermonate ein großzügiges Fünftel an Reichweitenverlust einrechnet. Kleinwagen wie das VW-Trio müssten bei einem Durchschnittspendler nur einmal in der Woche an die Steckdose.
Unterschiedliche Ladezeiten (DC)
Allerdings sollte, wer ein langstreckentaugliches Elektroauto mit hohem Komfortfaktor fahren möchte, schon beim Kauf auf ein paar Dinge achten: Denn nicht jedes E-Auto kann gleich schnell laden. Manche, vor allem ältere Modelle schaffen maximal 50 kW. Elektro-Modelle der neuesten Generation, die aktuell auf den Markt kommen, sowie die seit jeher auf Langstreckentauglichkeit getrimmten Modelle von Tesla, sind mit Ladeleistungen von weit über 100 kW — und teils deutlich mehr — besser gerüstet für kurze Ladezeiten. Innerhalb von nur 30 Minuten laden diese Elektroautos Energie für mehr als 250 Autobahnkilometer nach. High Power Charger, auch Ultraschnelllader genannt, haben sogar eine Ladeleistung von bis zu 350 kW. An so einer Säule laden E-Autos, welche die volle Leistung ausnutzen können, sogar in nur drei bis vier Minuten Strom für bis zu 100 km Reichweite in den Akku.
Auch die Größe des Akkus und die Fahrweise spielen auf langen Fahrten eine Rolle. Faustregel: Fahrzeuge ab einer Batteriegröße von 40 kWh gelten gemeinhin als langstreckentauglich. Diese Kapazität reicht leicht für gut 200 Autobahnkilometer — sofern man entspannt unterwegs ist und nicht mit Vollstrom die linke Spur entlang hetzt.
Ein anderer Gedanke hierzu: Auch Fahrer:innen und Passagier:innen haben eine eingeschränkte „Reichweite“. Geht die Sitz- und Stillhalte-Energie zur Neige oder ruft die Natur, ist eine Pause fällig. Der ADAC empfiehlt, längere Fahrten spätestens alle 200 Kilometer oder alle zwei Stunden für mindestens 20 Minuten zu unterbrechen. Das reicht allemal fürs Beine vertreten, einen kleinen Snack samt Getränk — und ein großzügiges Zwischenladen für das Stromfahrzeug.