Es war einmal... das schmutzige Geschäft mit den Rohstoffen!
„Dreckige“ Rohstoffe für saubere Elektroautos? Rohstoffknappheit, schlechte Arbeitsbedingungen und ein hoher Wasserverbrauch werfen im öffentlichen Diskurs oftmals einen Schatten auf den gelobten Elektromotor. Doch wie sieht die Realität aus, wenn man die Gewinnung von Batterierohstoffen wie Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan oder Graphit betrachtet?
Wasserverbrauch entspricht einer halben Jeans
Oft steht der Wasserverbrauch bei der Lithiumgewinnung für die Elektromobilität in der Kritik. Ein Batterieforscher relativiert diesen Vorwurf: Maximilian Fichtner, Direktor am Helmholtz-Institut für elektrochemische Energiespeicherung in Ulm, hat errechnet, dass für das Lithium eines Elektroauto-Akkus mit einer Kapazität von 64 kWh insgesamt 3840 Liter Wasser verdunstet werden. Das entspreche dem Wasserverbrauch für die Produktion von 250 Gramm Rindfleisch, 10 Avocados, 30 Tassen Kaffee oder einer halben Jeans.
Ein E-Auto-Akku ist beim Wasserverbrauch also nachhaltiger als eine Jeans, zumal er auch noch eine erheblich längere Nutzungsdauer hat und das Lithium am Ende des Akkulebens per Recycling zurückgewonnen werden kann.
Ölförderung benötigt weitaus mehr Wasser
Auch in vielen industriellen und chemischen Prozessen werde Lithium in großen Mengen verwendet. Der Wasserverbrauch beim klassischen Verbrennungsmotor liege sogar noch um einiges höher, so der Forscher weiter: Derzeit würden weltweit 17,5 Milliarden Liter Öl pro Tag verbraucht, für dessen Förderung 46 Milliarden Liter Wasser notwendig seien.
"Mit diesem Wasser könnte man Lithium für 1,5 Millionen große Tesla-Akkus gewinnen – jeden Tag. Und das Wasser für die Ölförderung verdunstet nicht, wie es bei der Lithiumgewinnung der Fall ist, es wird häufig vergiftet."
Maximilian Fichtner,
Direktor, Helmholtz-Institut für elektrochemische Energiespeicherung
Der Vergleich soll die Umweltprobleme durch die Lithiumgewinnung nicht verharmlosen — aber in Kontext des Wasserbedarfs anderer Konsumgüter setzen. Kritik am Wasserverbrauch für Elektroauto-Akkus ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt.
Ethische Aspekte finden immer mehr Beachtung
Auch die Gewinnung von Kobalt, oft kritisiert für Missstände in Bezug auf Menschenrechte, Umweltschutz und Korruption, muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Um diesen Problemen entgegenzutreten, gibt es mehrere Lösungsansätze, die zum Teil auch heute schon umgesetzt werden. Einige Hersteller haben bereits ihre Lieferketten angepasst und beziehen für ihre Akkus künftig kein Kobalt mehr aus Risikogebieten wie dem Kongo, sondern, wie z.B. BMW, aus Marokko und Australien. Doch auch im Kongo, dem größten Kobaltproduzenten der Welt, soll der Bezug jenes Rohstoffes nun verantwortungsvoller gestaltet werden. So wird das von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) initiierte und mit der kongolesischen Regierung weiterentwickelte CTC-System (Certified Trading Chains) in dem zentralafrikanischen Land jetzt auch auf Kobalt ausgedehnt. Ein Schritt in die richtige Richtung zu mehr Transparenz ist auch das neue Lieferkettengesetz, das Unternehmen dazu verpflichten soll, die Arbeits- und Sozialstandards ihrer weltweiten Zulieferer zu kontrollieren.
Genug Ressourcen vorhanden
Benötigte Batterierohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan und Graphit sind global gesehen ausreichend vorhanden, so eine Studie des Öko-Instituts. Zeitweise seien bei manchen Rohstoffen allerdings Engpässe möglich, sollten die benötigten Fördermengen nicht schnell genug erhöht werden können. Damit diese wertvollen Rohstoffe in fernerer Zukunft in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen können, wird das Recycling immer wichtiger. So besagt die Studie, dass 2030 zehn Prozent des Lithium und Kobaltbedarfs aus Recycling kommen können. 2050 prognostiziert das Institut einen Anteil von 40 %. Langfristig ist eine Recyclingquote von bis zu 97 Prozent möglich. Seltene Ressourcen werden also immer weniger benötigt. Forscher weltweit suchen auch schon nach alternativen Technologien für E-Auto-Batterien, die mit wesentlich weniger oder sogar komplett ohne Kobalt und andere beschränkt verfügbare Rohstoffe auskommen.